Literalität und Partizipation, März 2012
Über schriftsprachliche Voraussetzungen demokratischer Teilhabe
Die Humanwissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln veranstaltete am 1. März 2012, gefördert durch die Demokratie- Stiftung, eine internationale Fachtagung zum Thema ‘Literalität und Partizipation’ um einen aktiven Austausch verschiedener Akteure der (politischen) Grundbildung und ihrer Perspektiven zu ermöglichen.
Das Anliegen der Veranstaltung bestand darin, die Bedeutung schriftsprachlicher Grundbildung für die aktive Teilhabe am gesellschaftlich-demokratischen Prozess herauszuarbeiten.
Migration und kulturelle Heterogenität wurden mit Blick auf das herrschende Verständnis von Grundbildung und ziviler Teilhabekompetenz reflektiert, die Erörterung von Zielfiguren und didaktische Konsequenzen für die politische Bildung schlossen sich an.
Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Dr. Johannes Neyses, Kanzler der Universität zu Köln und Mitglied im Kuratorium der Demokratie-Stiftung, beschrieb Prof. Dr. Hans-Joachim Roth, Dekan der Humanwissenschaftlichen Fakultät, mit Verweis auf die griechische Mythologie, erste Voraussetzungen für die Entstehung der Demokratie in Form von Sprache und Verhandlung.
Prof. Dr. Klaus Künzel führte in die Tagung ein, indem er die partizipative Bedeutung schriftsprachlicher Fähigkeiten gegenüber vorwiegend oral geprägten politischen Diskursformen hervorhob. So schaffe Lesen die Möglichkeit, sich von vormundschaftlichen Meinungsbildern zu distanzieren und selbstständig eine Erweiterung von Wissens- und Argumentationspotenzialen in Angriff zu nehmen.
Unter dem Titel „Literalität und politische Partizipation“ stellte Dr. Jens Korfkamp, Leiter der VHS Alpen-Rheinberg, die aktuellen Entwicklungen der Grundbildungsarbeit vor und forderte eine intensivere Zusammenarbeit zwischen politischer Bildung und Grundbildung.
Professorin Dr. Sara Fürstenau und Imke Lange von der Universität Münster machten auf die Rolle des schulischen Lehrpersonals aufmerksam, das sich als Erzieher zur Mehrsprachigkeit begreifen müsse und die Aufgabe habe, die Schüler sowohl in die
Bildungssprache einzuführen, als auch Migrationssprachen aufzugreifen, um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Professor Grigory Klyucharev, Institut für Soziologie der Russischen Akademie der Wissenschaften, verwies auf den geringen Stellenwert politischer Partizipation in Russland und betonte, dass sich Menschen mit niedrigem Bildungsgrad nachweislich erheblich seltener politisch engagieren als Menschen mit einem hohen Bildungsgrad.
Professorin Mary Hamilton, Lancaster University, England, verfolgte insbesondere den Ansatz der ‚Social Practice Theory of Literacy’, der literale Praktiken als Ausdruck gesellschaftlicher Macht- und Beziehungsverhältnisse begreift, diese gleichzeitig aber auch zu Ansatzpunkten von Änderungsprozessen erklärt.
Professorin Dr. Bettina Zurstrassen, Universität Bochum, hebt reflexive Lesekompetenz als einen wichtigen Aspekt der politisch- demokratischen Bildung hervor, durch welchen der Menschen nicht ‘belehrt’, sondern im Sinne einer ‘political literacy’ vor allem zu politisch kompetentem Handeln befähigt werden soll.
Alle Teilnehmer der Tagung trugen durch eigene Erfahrungen, Anregungen und kritische Kommentare zu wichtigen Fragen des Tagungsthemas bei.
Eine ausführliche Dokumentation der Veranstaltung finden Sie hier.
Im Februar 2014 ist der Tagungsband zur Veranstaltung erschienen.